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Die innere Uhr: Werden Sie zeitsouverän! Zeitenvielfalt statt Uhren-Monokultur

Autor: malerdeck am 26. April 2011

Erinnern Sie sich noch an Ihre 1. Uhr? Für Kinder ein stolzer Moment: „Ich kann die Uhr lesen!“ Doch aus diesem Stück Selbstständigkeit wird bei vielen Erwachsenen eine Abhängigkeit – die Abhängigkeit vom Zeitmessinstrument Uhr. Unser Rat an Sie: Machen Sie die Uhren-Zeit nicht zum einzigen Maßstab Ihrer Zeit.

Werden Sie zeitsouverän

Lassen Sie sich nicht von Ihrer Uhr beherrschen

Wer automatisch alle paar Minuten auf die Uhr schaut, glaubt, dadurch die eigene Zeit im Griff zu haben. Doch der ständige Blick auf das kleine Ding am Handgelenk bewirkt genau das Gegenteil: Die Uhr hat Sie im (Würge-)Griff!

simplify-Tipp: Legen Sie Ihre Armbanduhr so häufig ab, dass sich dieser Automatismus verliert. Versuchen Sie’s zunächst in einer Phase ohne jeden Zeitdruck – etwa beim Wandern oder beim abendlichen Zusammensein mit Freunden – und erst danach im Alltag. Vermutlich wird Ihnen das Handgelenk anfangs ziemlich nackt vorkommen. Ersetzen Sie die Uhr nicht durch ein Armband, sondern genießen Sie die Freiheit, die Ihr Arm und Sie durch das Ablegen der Uhr gewinnen.

Manche Menschen zeigen ihren Luxus durch eine exklusive Uhr. Machen Sie’s wie der Hersteller von Luxusuhren Thomas Prescher, dessen persönlicher Luxus in einem Leben ohne Uhr besteht (so Prescher in einem Interview mit dem Manager-Magazin).

Handy statt Armbanduhr

Viele Menschen können keine Sekunde auf ihre Uhr verzichten. Daneben gibt es jedoch eine wachsende Zahl von Menschen, die gar keine Uhr mehr tragen: Ihnen dient das Handy als Uhrersatz. Ist das nun eine Unsitte oder nicht?

simplify-Tipp: Betrachten Sie Ihr Handy als praktische Standby-Uhr, wenn Sie uhrlos unterwegs oder bei der Arbeit sind. Sein großer Vorteil: Sie können sich damit jederzeit über die genaue Uhrzeit informieren, müssen es dafür aber extra hervorholen. Legen Sie Ihr Handy daher nie direkt vor sich auf den Tisch!

Achten Sie auf Zeitsignale von außen …

Ihre Umgebung sendet Ihnen jede Menge Zeitsignale. Beobachten Sie die Natur: Wo steht die Sonne am Himmel? Welche Teile außerhalb des Hauses sind im Schatten, welche besonnt? Wann singen welche Vögel vor Ihrem Fenster?

simplify-Tipp: Wer einen Garten besitzt, kann es im Sommer dem schwedischen Naturforscher Carl von Linné (1707–1778) nachmachen: Lesen Sie die Zeit von den Blumen ab, die ihre Blüten zu unterschiedlichen Zeiten öffnen und schließen. Infos dazu finden Sie im Internet unter dem Stichwort „Blumenuhr“, etwa auf der Website mein-schoener-garten.de.

Auch menschliche Rhythmen bieten Ihnen Anhaltspunkte: War daheim der Briefträger, im Büro der Brotzeitservice schon da? Die Kirchturmuhr läutet verlässlich immer zu denselben Zeiten, die Straßenbahn rattert in der Ferne alle 10 Minuten, der Nachbar lässt wie immer nach den Abendnachrichten die Rollläden herunter.

simplify-Tipp: Orientieren Sie sich für Tätigkeiten, die Sie nicht auf die Minute genau timen müssen, an „Es ist Zeit“-Zeichen aus Ihrer Umgebung. Beispiel: Nehmen Sie sich morgens so lange Zeit für Ihre Zeitungslektüre, wie Sie auf der Straße Schulkinder vorbeiziehen hören.

… und von innen

Nicht nur wer ziellos in den Tag hineinlebt, sondern auch Menschen, die mit einem Zeitplaner arbeiten, kennen das abendliche Gefühl, „wieder nichts geschafft“ zu haben. Ein häufiger Grund: Sie haben für ihre To-dos nicht den jeweils günstigsten Zeitpunkt gewählt.

simplify-Tipp: Zeichnen Sie Ihre Tageskurve auf: Zu welchen Tageszeiten sind Sie eher gut, zu welchen eher schlecht drauf? Richten Sie Ihre Tagesplanung nach Ihrem Rhythmus aus, und legen Sie Tätigkeiten, die große Konzentration erfordern, in Ihre Hochphasen.

Für das Gelingen von Gesprächen oft entscheidend: Ihre eigene Stimmung. Wenn Sie selbst von einem Erfolgserlebnis beflügelt sind, schaffen Sie es leichter, Ihre Kollegin für Ihre Projektidee zu begeistern. Wenn das Gewitter draußen Sie in eine leicht aggressive Stimmung versetzt, haben Sie als zurückhaltender Mensch eher die Power, bei Bedarf einmal auf den Tisch zu hauen. Nehmen Sie günstige Gelegenheiten wahr, statt strikt nach Terminplan zu agieren!

Lassen Sie sich zur Pause einladen

Die Chronobiologie (= wissenschaftliche Erforschung körperlicher Prozesse unter Zeitaspekten) hat festgestellt: Unseren Tag durchzieht ein fester Rhythmus von Energieanstieg und Energieabfall – jeweils nach rund 90 bis 120 Minuten bietet unser Körper uns eine etwa 20-minütige Regenerierungsphase an.

simplify-Tipp: Registrieren Sie bei sich die ersten Anzeichen dieser Phase – etwa Gähnen, das Bedürfnis, vom Arbeitsplatz aufzustehen, oder Tagträume –, und folgen Sie der Einladung Ihres Körpers, sich zu erholen. Dazu müssen Sie sich nur bequem hinsetzen (oder hinlegen) und die Augen schließen. Den Rest übernimmt Ihr Körper. Ihr wichtigster Beitrag zu Ihrer Erholung: Halten Sie es aus, nichts zu tun!

Locker bleiben

Zentrales Anliegen des renommierten Zeitforschers Professor Karlheinz Geißler ist die Entwicklung einer neuen, menschlichen Zeitkultur. Anregungen für diesen Artikel verdanken wir dem wissenschaftlichen Sammelband: Karlheinz A. Geißler, Klaus Kümmerer, Ida Sabelis (Hrsg.): “Zeit-Vielfalt. Wider das Diktat der Uhr”.

Mit freundlicher Genehmigung des Orgenda Verlag. Quelle: simplify-Newsletter und simplify-Homepage.

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Anmerkung von mir: Analog des oben genannten Tipps, verzichte ich seit ca. zwei Jahren auf eine Armbanduhr. Zumindest die Unsitte, ständig auf die Uhr zu schauen, habe ich dadurch bei mir abgeschafft. Meine Erfahrung daraus: Es geht auch ohne Armbanduhr!